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Cybermobbing

Website: Digital Skills 4 You(th)
Kurs: Cybermobbing
Buch: Cybermobbing
Gedruckt von: Guest user
Datum: Samstag, 27. April 2024, 21:02

1. Defintion von Cybermobbing

Unter klassischem Mobbing versteht man das absichtliche Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer über einen längeren Zeitraum hinweg. Im Kontext der digitalen Entwicklungen hat sich eine neue Form des Mobbings herauskristallisiert, das Cybermobbing. Dabei werden die Mobbingaktivitäten mithilfe von Internet- und Mobiltelefondiensten durchgeführt. Der "Bully" (Täter/-in) hat dabei insofern einen Machtvorteil, als dass er oft aus einer Anoymität heraus handeln kann und durch Soziale Netzwerke einen viel größeren Wirkungsradius hat als in der analogen Welt. Darüber hinaus verbreiten sich gepostete Inhalte wahnsinnig schnell oder tauchen plötzlich auf, ohne dass man wusste, dass sie online sind. Ein weiterer Effekt, den die digitale Entwicklung mit sich bringt und dadurch das Mobbingphänomen verstärkt, ist die immerwährende Erreichbarkeit. Während man sich beim "klassischen" Mobbing in den eigenen Privatbereich zurückziehen kann, sind die digitalen Geräte mittlerweile ein essentieller Teil dessen. Damit reicht das Mobbing bis in den geschützten Bereich des Opfers.

Eine weitere Problematik bei Cybermobbing ist, dass es oft nicht bemerkt oder ernst genommen wird. Das hat ganz unterschiedliche Ursachen. Durch die Distanz und Anonymität in der Onlinewelt nimmt man die Reaktion des Gegenübers nicht wahr und was vielleicht nur als Scherz gemeint ist, kann bei dem oder der Betroffenen ganz anderen Emotionen auslösen. Angehörige von Cybermobbing wissen oft gar nicht, was die Betroffenen ausgesetzt sind. Eltern oder andere Bezugspersonen sind oft nicht in den Social Media Diensten aktiv, in denen ihre Kinder zu finden sind.

Typische Situationen, denen jemand beim Cybermobbing ausgesetzt ist:

  • Posten eines gemeinen oder verletzenden Kommentars

  • Online stellen eines gemeinen oder verletzenden Bildes

  • Online stellen eines gemeinen oder verletzenden Videos

  • Erstellen einer gemeinen oder verletzenden Webseite

  • Onlineverbreitung von Gerüchten

  • Drohungen über SMS, WhatsApp und andere Messenger Dienste

  • Profilklau


1.1. Onlineaktivitäten im Zusammenhang mit Cybermobbing

Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an Verhaltensphänomenen, die mit Cybermobbing in Zusammenhang stehen. Einige seien hier erwähnt und kurz erläutert.

Hacken
Der Bully hat das technische Verständnis, die persönlichen Zugänge des Opfers zu missbrauchen und kann sich in diverse Accounts einloggen, um dort Schaden anzurichten, z.B. Falschmeldungen verschicken, Einkäufe tätigen, usw.

Happy Slapping
Eine oder mehrere Personen greifen ein Opfer körperlich und in der realen Welt an, um den Angriff aufzuzeichnen (üblicherweise mit einem Fotohandy oder einem Smartphone). Dem folgt meist das Hochladen dieser Aufzeichnung auf eine Social Media Plattform.

Hate Speech
Hate Speech beschreibt die gezielte Abwertung, das verbale Angreifen und das Aufrufen von Hass und Gewalt gegen bestimmte Menschen oder Menschengruppen.

Flaming
Flaming kann mit "rumheulen" übersetzt werden. In der digitalen Welt zeig sich dies meist in einer übertriebenen Form der Beschwerde über andere Personen, die der Provokation dienen kann.

Identitätsdiebstahl
Ein typisches Phänomen auf Social Media Plattformen. Es werden gefälschte Profile erstellt und damit dann jede Menge Schaden angerichtet: beleidigende Nachrichten an die Kontakte des eigentlichen Profilinhabers oder das Posten von verunglimpfenden Bildern usw.

Sexting

Das Senden, Empfangen oder Weiterleiten von sexuell eindeutigen Nachrichten, Fotos oder Bildern, hauptsächlich über Instant Messenger (z.B. WhatsApp oder Skype) wird als Sexting beschrieben.

Shitstorm
Eine lawinenartige Masse an negativen Kommentaren oder anderen digitalen Inhalten in einem sozialen Netzwerk, die eine einzelne Person oder ein Unternehmen adressiert, wird als Shitstorm bezeichnet.

Stalking
Stalking beschreibt die unerwünschte oder zwanghafte Aufmerksamkeit einer Person oder Gruppe gegenüber einer anderen Person. Mit dieser Verhaltensweise gehen Belästigung und Einschüchterung einher. Es kann bis in eine Verfolgung und Überwachung des Opfers münden.


1.2. Motive für Cybermobbing

Gründe und Auslöser für Cybermobbing sind so vielfältig wie dessen Erscheinungsformen und Strafbestände.

Im zwischenmenschlichen Zusammenleben beobachtet man immer wieder das Phänomen, dass Menschen oder Gruppen von Menschen abgewertet werden, um den eigenen Status zu verbessern.

Andere Gründe können viel profaner sein und sind häufig im Umgang der Kinder und Jugendlichen untereinander zu beobachten. Da geht es um zerbrochene Freundschaften, um zerbrochene Herzen, um Rache oder einen Scherz, der ausufert.

Auch wenn es in in den Augen der Täter begründete Anlässe sind, wirkliche Gründe, um einen Menschen über einen längeren Zeitraum bewusst zu schädigen, sind es nicht.

1.3. Von Cybermobbing betroffen

Erhalten Sie über verschiedene Videos einen Eindruck davon, was Cybermobbing bei Betroffenen auslösen kann:

Let´s fight it together


Elisabeth berichtet über ihre Erfahrungen mit Cyber-Mobbing


Stop Cybermobbing


Cyber Bullying. Create no Hate

2. Was tun gegen Cybermobbing - Intervention

Bis Cybermobbing als solches erkannt und als Problem angesprochen wird, ist es ein langer Weg. Besonders Kinder und Jugendliche tun sich schwer, solche Erfahrungen zu thematisieren. Sie haben Angst, als schwach oder "Spaßverderber" vor den Gleichaltrigen zu gelten, wenn sie sich jemandem anvertrauen. Hinweise auf von Cybermobbing Betroffene sind beobachtbare Verhaltensänderungen wie die Abschottung von Gleichaltrigen und der Rückzug aus Freizeitaktivitäten. Damit erhofft der oder die Betroffene, dass es "irgendwie vorbeigeht". Dies ist leider selten der Fall und ein wirklicher Rückzug gelingt nicht, denn das Cybermobbing kann weiter gehen, ohne dass der oder die Betroffene aktiv involviert ist.

Ist der Sachverhalt aber klar, muss gehandelt werden!

Was Sie als pädagogische Fachkraft tun können:
  1. Darüber sprechen!
    Wichtig ist, dass sich die Betroffenen jemandem anvertrauen. Das können die Eltern oder andere erwachsenen Bezugspersonen sein. Es gibt aber auch digitale Anlaufstellen, an die sich die Kinder und Jugendlichen wenden können, z.B. Nummer gegen Kummer e.V. und juuuport e.V.
    Bieten Sie dem/der Betroffenen Unterstützung an und bestärken Sie ihn oder sie darin, dass es gut war, sich Ihnen anzuvertrauen und sich zur Wehr zu setzen.

  2. Fremd- und Selbstgefährung prüfen
    Erfragen Sie bei dem/der Betroffenen Gedanken und Handlungen der Selbst- und Fremdgefährdung und überlegen Sie gemeinsam, was zu tun ist und welche Personen ggf. mit einbezogen werden müssen. Lehnt das Opfer Hilfe ab, ist es Ihre Aufgabe, durch das Aufsuchen des/der Betroffenen einzuschätzen, inwieweit eine Gefährung der Person vorliegt und eine Handlung notwendig ist.
    Beachten Sie, wenn Kindeswohlgefährdung oder ein Notstand ausgeschlossen sind, dass sie als (Schul-)Sozialarbeiter/-in, Psychologe oder Jugendberater nach §203 StGB der Schweigepflicht unterliegen! Sind Sie eine Lehr- oder Betreuungskraft gilt diese uneingeschränkte Form der Schweigepflicht nicht. In diesen Funktionen können Sie die Erziehungsberechtigten und die Schulleitung informieren.
    Als Hilfestellung zur Entscheidung, welche Handlung angemessen ist, hält die Inititative Klicksafe in ihrer Broschüre "Was tun bei (Cyber)Mobbing? Systemische Intervention und Prävention in der Schule" auf Seite 116 ein Entscheidungsbaum bereit:



  3. Einbeziehung weiterer Personen
    Manchmal ist es hilfreich, weitere Personen in den Vertrauenskreis zu holen (z.B. Streitschlichter in der Einrichtung, Kolleg/-innen), die ein Auge auf den/die Betroffene/n haben und diese/n motivieren, sich Hilfe zu holen. Die Wahl der Personen sollte aber gut überlegt sein und nur dann in Betracht bezogen werden, wenn die Schweigepflicht nicht greift. 

Was Betroffene tun können:

  1. Aufforderung durch das Opfer und Abmahnung
    Der erste Schritt, der auch in der analogen Welt genutzt werden sollte, um zwischenmenschliche Konflikte zu lösen, ist die Aufforderung an den/die Täter/-innen, das gezeigte Verhalten zu unterlassen, ggf. veröffentlichte Inhalten wieder zu löschen. Wichtig ist hierbei, eine Frist zu setzen.

  2. Offline gehen!
    Geht der Bully nicht auf die Forderungen ein, ist wichtig, dass das betroffene Kind oder der Jugendliche die Kommunikation mit dem Bully abbricht, um nicht mehr Leid zu erfahren. Nachfragen bei dieser Person, warum er oder sie so gemein ist oder so gemeinsame Sachen tut, werden nicht zielführend sein. Im Gegenteil, sie können die Situation noch verschlimmern. Die richtige Reaktion ist, die Kommunikation einzustellen und keine Antwort auf irgendeine Form der digitalen Attacken zu geben.

  3. Blockieren, Melden, Ändern!
    Erfolgen die digitalen Attacken über Social Media Dienste, kann man zunächst einmal den Angreifer blockieren und in einem zweiten Schritt den Betreiber der Plattform informieren. Egal ob Youtube, Facebook, Instagram oder SnapChat. Jeder Social Media Dienst hat eine Meldefunktion. Das Opfer sollte den Betreiber auffordern, den Account des Bullys sperren und ggf. verleumdende Inhalte, die den/die Betroffene/n abbilden, löschen zu lassen. In einem Fall von Profilklau sollten sofort alle Passwörter und Zugänge zu sämtlichen genutzten Onlinediensten geändert werden.

  4. Beweise sammeln!
    Um die Attacken zu beweisen sollten die Aktivitäten, so schmerzlich sie auch sind, dokumentiert werden. Dies kann man an allen digitalen Geräten ganz leicht über die Funktion der Bildschirmaufnahme (engl. Screenshot) machen. Solche Beweismittel helfen im Falle auch der Polizei.

    • Screenshot beim Smartphone mit Androidsystem
      Powerbutton + Leiser-Taste der Lautstärke-Regelung gleichzeitig drücken und so lange gedrückt halten, bis ein Aufnahmegeräusch ertönt oder auf den Bildschirm eine Animation erscheint, die eine Aufnahme signalisiert.
    • Screenshot beim iPhone und iPad
      Powerbutton + Hometaste gedrückt halten, bis sich der Bildschirm kurz aufhellt.
      Beim iPhone X gib es allerdings keine Home-Taste mehr, hier wird stattdessen die Power-Taste und die Lauter-Taste gedrückt
    • Screenshot beim Windows Phone
      Powerbutton + Lauter-Taste an der Lautstärkeregelung
    • Screenshot am PC
      "Druck"-Taste drücken. Es wird keine Aktion am PC zu sehen sein. Textdokument öffnen und "einfügen" drücken: Das Bildschirmfoto wird aus dem Zwischenspeicher eingefügt.
      Es gibt bei den Windowsbetriebssystemen das "Snipping Tool". Damit kann man Bereiche des Bildschirms gezielt "fotografieren".
  5. Anzeige erstatten!
    Cybermobbing ist an sich keine eigene Straftat. Es beinhaltet aber Handlungen, die gegen das Gesetz verstoßen, wie z.B. Beleidigung, Bedrohung, Üble Nachrede, Stalking oder Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen. Um den Strafbestand aufzunehmen und zu verfolgen sind die Beweise sehr wichtig.

3. Was tun gegen Cybermobbing - Prävention

Um Menschen abzuwerten, zu verunglimpfen oder zu beleidigen braucht es immer eine Angriffsfläche. Besonders die Vielfalt an frei zugänglichen Informationen in Sozialen Netzwerke bieten für Bullys einen Nährboden für ihr zerstörerisches Vorgehen. Deswegen gilt es da besonders vorsichtig zu sein. Mit folgenden Hinweisen entzieht man den Bullys potentielle Angriffsflächen:

  • Verantwortungsbewusster Umgang mit persönlichen Daten bei der Nutzung von Social Media Diensten!
    Klarnamen, Adressen und Telefonnummern gehören nicht ins Internet. Sämtlichen Angaben, wie z.B. die Schule, die man besucht oder den Verein, Hobbys, Fotos von Aktivitäten usw. schärfen das eigene Profil und machen die Person angreifbarer.

  • Freundschaftsanfragen
    Freundschafts- oder Kontaktanfragen sind in sozialen Netzwerken mit Vorsicht zu genießen, da man nie weiß, wer sich hinter der Anfrage verbirgt. Zudem sind mit der Aufnahme in die Kontaktliste oft auch ein freierer Blick in das Profil einer Person verbunden.

  • Privatsphäreeinstellungen bei Social Media Diensten
    Diese sollten regelmäßig überprüft werden. Besonders nach Updates ändern sich diese gern auf die Ausgangseinstellungen zurück. Da Social Media Anbieter die Vernetzung der Nutzerinnen und Nutzer im Sinne hat, sind die Voreinstellungen der Privatsphäre sehr offen.

  • Aufmerksam sein!
    Eine Beleidigung oder ein negativer Kommentar sind noch lange kein Cybermobbing, aber es können erste Schritte in diese Richtung sein. Deswegen gibt es bereits verschiedene Initiativen (z.B. No hate speech oder unter dem Hashtag #ichbinhier auf Facebook) , die versuchen, von vornherein verbale Entgleisungen oder diffamierende Postings in Sozialen Netzwerken zu unterbinden. Besonders wichtig ist es, Kinder und Jugendliche dafür zu sensibilisieren, nicht mitzumachen. Cybermobbing funktioniert nur, wenn viele Personen in die Beleidigungen und Verschmähungen mit einsteigen.

Mehr zum Thema "Datenschutz" finden Sie in unserem gleichnamigen Themenbereich!

4. Gesetzeslage

Cybermobbing ist im deutschen Strafrecht als solches kein Tatbestand. Bei unseren unmittelbaren Nachbarn in Österreich stellt der §107c des Strafgesetzbuches seit Januar 2016 Delikte von Cybermobbing unter Strafe. Wer sich schuldig macht, kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (bei Handlungen mit Todesfolge bis zu drei Jahren) oder mit Geldstrafe bestraft werden.

In Deutschland werden bei einer Anzeige von Cybermobbing die einzelnen Aktivitäten geprüft, inwieweit sie unter folgende Strafbestände des Strafgesetzbuches fallen.